Erfurter Weinlied

Hinweis zum Kopieren des Textes: in dem 14. Vers steht das Wort "traun" es bedeutet laut Duden "fürwahr", bitte nicht mit "Traum" ersetzen!

Zum Verständniss, im Jahr 1807 gab es in den Erfurter Ortschaften noch 657 Morgen (167,75 ha) Wein. 1837 gab es nur noch ca. 76 Morgen (19,40 ha) Wein. Ein Preußischer Morgen mit 0,25532 ha.
Quelle: „Der Weinbau in den Ortschaften des ehemaligen Erfurter Gebietes in früherer Zeit“ Cl. Liebeskind erschienen in Jahrbuch des Vereins für Heimatkunde im Amtsbezirk Vieselbach 1912.

Erfurter Weinlied

„Von vielen wird der Rheinwein hoch erhoben,
s’ ist auch ein schöner Wein;
Doch darf ich auch wohl meinen Landsmann loben,
Erfurter edlen Wein.

Freund Asmus singt: „Thüringens Berge bringen
Gewächs, sieht aus wie Wein. -„

Ihm aber schenkte man, dabei zu singen,

nur Jen’schen Krätzer ein.

 

Ha, sollt’ ich ihn, den lieben Sänger, sehen

in meiner Vaterstadt,

mit ihm würd’ ich zu manchem Freunde gehen,
der Mutterfäßchen hat.

 

Ihn ließ er sicher nicht im Glas verdunsten,

er zechte, schlürfte tief.

Ich ruhte nicht, bis er zu unseren Gunsten

die Verse widerrief.

 

Ja, hätt’ er nur – er würde gern ihn nehmen –
ein Stückfaß je geerbt.

Prahlt er schon nicht, wie der im großen Bremen,

mit Heidelbeer’ gefärbt,

 

so gut, als wie sein Nachbar an der Saale

bei Naumburg ist auch er.

Versetzt mit Kirschessenz, als Weinkaltschale

mit Zwieback, Zimmt, Erdbeer


und Zucker angemacht und aufgetragen,
gibt er ein trefflich Mahl,

und wird gewiß dem lieben Gast behagen

so wie in dem Pokal.

 

Fragst, Fremdling, du: „Wo wachsen diese Reben?“

So sieh nur um dich, Freund!

Von Rebenbergen ist die Stadt umgeben,

wohin die Sonne scheint.

 

Ich nenne dir nur kürzlich zum Exempel

den Katz= und Rothenberg.

Die Daberstädter bauten ihren Tempel

auf einen Rebenberg.

 

Sankt Cyriax birgt seine Invaliden

vor aller Lebensmüh’,

und unter ihm stärkt sein Gewächs die Müden
bald und erheitert sie.

 

Das Borntal gibt nebst einer Silberquelle

auch geist’gen Labetrank.

Freund Bacchus und sein lustiger Geselle

beginnt dort manchen Schwank.

 

Am Stollberg hängt man nicht mehr arme Sünder

aus Gram und Grillen hin;
kein Rabe krächzt; des Bacchus Lieblingskinder
sehn hier den Weinstock blühn.

 

Bei Tiefthal schlingen sich die edlen Ranken

des Weinstocks um den Pfahl;

vom Traubensaft=Genuß entflieht dem Kranken

die Welt als Jammerthal.

 

Die Schwellenburg – man sieht sie schon von weitem –

wo das Kaninchen heckt,

gibt Wein, der, traun zu allen Tageszeiten

dem Gaumen lieblich schmeckt.

 

Walschleben, Mölsen, Ollendorf, Hopfgarten,

Schwerborn, Zimmern infra,

Töttleben, Marbach liefert manche Arten

von Wein, wie Witterda.


Großvarguls, Dachwigs, Vippachs Berge geben

nur wenig guten Wein;

allein man pflegt hier spärlich diese Reben.

Kleinbrembachs Berg ist klein.

 

Da, wo die Winzer nicht den Berg behacken,

nichts von der Kelter fleußt,

wächst Korn und Weizen, Zwieback aus zu backen,

den man zum Wein verspeist.

 

Ist unser Wein kein Muskat, kein Burgunder,

Liebfrauen=Milch und =Stein,

so trinken wir, und sind gesund und munter,

ein Glas Erfurter Wein.

 

Denn ach, der Rhein, kehrt hämisch seinen Rücken

uns zu, sein Weingesicht

den Fremden hin; wir sehn’s mit trüben Blicken,

allein wir grollen nicht.“

 

Holger Werner
Erfurter Weinzunft 2002 e. V.